Dieser Urlaub war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Obwohl wir schon etliche Male in Dänemark waren, trafen wir in diesem Jahr unerwartet auf Spuren aus der jüngeren deutschen Geschichte, nämlich Folgen des 2. Weltkrieges.
Durch eine kleine Notiz in einem Reiseführer aufmerksam geworden, machten wir diesmal auf unserer Reise entlang der Küste einen Abstecher nach
Oksboe
l um einen ungewöhnlichen Friedhof zu besuchen, den
"Friedhof der Flüchtlinge"
und das
"Blavandshuk Egnsmuseum"
. Es waren in beiden Fällen ergreifende Momente als wir mit diesem Teil unserer deutschen Geschichte konfrontiert wurden, von dem wir, wie wahrscheinlich die meisten deutschen Urlauber in Dänemark, bis dahin überhaupt keine Kenntnis hatten.
Bei
Oksboel war nach dem 2. Weltkrieg das größte Internierungslager auf dänischem Boden
. Angelegt auf einem Gelände neben einem von der deutschen Luftwaffe bis dahin genutzten Flugplatz. Hier lebten von 1945 bis Anfang 1949 bis zu
36 000 deutsche Flüchtlinge und Heimatvertriebe aus Ostpreußen, Pommern und Schlesien
gleichzeitig in diesem ca. 347 Hektar großen Barackenlager. Kontakte zur dänischen Bevölkerung waren damals verboten.
Hunger, Krankheit und das Gefühl der Ohnmacht bestimmten den Alltag
.
Das Lager wurde von den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen selbst verwaltet. Ihre Toten, die meist an Hunger und/oder Krankheiten gestorben waren, begruben die Lagerinsassen außerhalb des Lagers auf einem Friedhof.
Hier ruhen 1675 tote Flüchtlinge und Heimatvertriebene, die als wenige Stunden/Tage/Monate alte Säuglinge, als junge Erwachsene, Erwachsene oder alte Menschen gestorben sind
(überwiegend liegen hier Kinder und Frauen begraben)
, gemeinsam mit 121 toten, meist sehr jungen Soldaten
. Die Namen der Toten sind oftmals unbekannt.
Heute wird dieser
"Friedhof der Flüchtlinge"
als würdige Gedenkstätte in einem kleinen Park an der Straße von Oksboel nach Borsmose am Nordwest- rand des Ortes Oksboel vom
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und dem dänischen Staat unterhalten.
Den Toten zur Ehre und den Lebenden zur Mahnung, solches Leid nie wieder geschehen zu lassen.
Ein kleines Dokumentationszentrum ist auf dem Friedhof vorhanden. Dort sind verschiedene Flüchtlingslager in Dänemark dokumentiert in denen 250 000 Flüchtlinge und Heimatvertriebene interniert waren. Von ihnen sind 17 209 in Dänemark gestorben und begraben worden. Etwa 2 000 wurden von ihren Angehörigen nach Deutschland überführt.
Das
Blavandhuk Egnsmuseum
beherbergt im Erdgeschoß Ausstellungen von Fundstücken und Räumlichkeiten aus der dänischen Geschichte und im
Obergeschoß die Ausstellung der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen im Lager Oksboel
mit Fotos und Gegenständen aus dieser Zeit. In einem kleinen Raum wird ein Videofilm über das Lagerleben, wahlweise in deutscher
oder dänischer Sprache gezeigt. Es ist bestimmt eine geschönte Form. Das wirkliche Lagerleben war wohl noch sehr viel härter.
Vom Lagerstandesamt wurden insgesamt 927 Geburten und 1279 Sterbefälle
beurkundet. Die anderen Toten wurden aus umliegenden Lagern hier beerdigt.
Im letzten Jahr seines Betriebes diente das Lager nur noch als Zwischenstation bei der Ausreise nach Deutschland.
Ein sehr trauriges Kapitel der deutschen Vergangenheit als Folge des 2. Weltkrieges
. Die Sterblichkeit im Lager war sehr hoch. Es gab mehrere Baracken als Kinderlazarett. Trotzdem sind sehr viele kleine Kinder gestorben.
Wie uns Dänen sagten, mit denen wir über diese Gedenkstätten sprachen, kommen leider sehr wenige Deutsche hier hin. Möglicherweise weil diese Gedenkstätten kaum bekannt sind. Es war ja in der Vergangenheit politisch in Deutschland nicht erwünscht über die erlittenen Leiden der deutschen Zivilbevölkerung während und nach dem 2. Weltkrieg zu sprechen, geschweige denn über das Schicksal der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen. Aber das ändert sich ja endlich, wenn auch nur ganz ganz ganz langsam.
Wir möchten jedem Dänemark-Urlauber einen Besuch dieser Gedenkstätten ans Herz legen. Er wird dann wohl sein heutiges Leben in einem besseren Licht sehen und viel zufriedener mit seinem Schicksal sein. Das was diese Kriegs-Generationen erlebt und erlitten haben, möge uns und den kommenden Generationen erspart bleiben.
Siehe auch unter 3.
Oksboel
und 5. den
"Friedhof der Flüchtlinge"
in Aalborg.